Arbeitsbereich Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
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Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit ist die nach den Effekten unterrichtlicher Faktoren und deren Zusammenspiel auf den Schülerleistungszuwach im Fach Englisch in Vietnam unter Berücksichtigung von Kontextfaktoren. Daneben geht es um methodische Fragestellungen, insbesondere um die Bedeutung der Auswahl eines Skalierungsmodells.
Die verwendeten Daten wurden im Rahmen eines Forschungsprojekts in Vietnam im Schuljahr 2006/2007 erhoben. Neben einem Messwiederholungsdesign mit zwei Messzeitpunkten am Anfang und am Ende des Schuljahres wurde eine Videostudie in der Mitte des Schuljahres durchgeführt. Bei jedem Messzeitpunkt wurden die adaptierten Englisch Tests (C-Test und Hörverstehenstest) und die Fragebögen aus der Studie Deutsch Englisch Schülerleistungen International (DESI) in Deutschland eingesetzt. Zur Gewinnung verhaltensnaher Indikatoren des Unterrichts wurden die Videoaufzeichnungen transkribiert und von trainierten Experten niedrig-inferent kodiert und hoch-inferent geratet. Zur Skalierung der Schülerleistungen wurden mehrere Skalierungsmodelle ausgewählt. Zur Skalierung der Schülerleistung anhand des C-Tests mit einer Testlet-Struktur wurden zwei unidimensionale und zwei Testletmodelle eingesetzt. Um Schülerleistungen anhand des Hörverstehenstests kamen das Raschmodell, das 2PL und das 3PL Modell zum Einsatz. Die Schülerleistungsschätzungen von beiden Messzeitpunkten wurden mithilfe eines gemeinsamen Skalierungsmodells skaliert und miteinander verlinkt. Anschließend wurden die Plausible Values gezogen. Zur Modellierung des Zusammenhangs zwischen den Unterrichtsfaktoren und dem Schülerleistungszuwachs wurden sowohl lineare als auch komplexere Unterrichtseffekte (nicht-linear, additiv, multiplikativ) berücksichtigt. Die anfängliche Leistung und der sozioökonomische Status der Schülerinnen und Schüler werden als Kontextfaktoren betrachtet. Die Analyseverfahren der Wahl waren OLS-Regressionen sowie regularisierten Regressionsmodelle mit lasso (least absolute shrinkage and selection operators).
Die Ergebnisse zeigen hinsichtlich wichtiger fächerübergreifender Merkmale einerseits ein positives Bild der Qualität des Englischunterrichts, aus Sicht der englischen Fachdidaktik jedoch eine mangelde Unterrichtsqualität. Die bedeutsamsten Unterrichtsfaktoren des Schülerleistungszuwachses im C-Test sind Aspekte der Motivierungsqualität sowie der Unterrichtssprache. Für den Zuwachs beim Hörverstehenstest spielten Aspekte der Unterrichtssprache sowie die relative Häufigkeit von Wiederholungsfragen eine wichtige Rolle. Die Hypothesen zu den Unterrichtseffekten wurden durchweg bestätigt. Trotz der Ähnlichkeiten zwischen Schülerleistungsschätzungen anhand verschiedener Skalierungsmodelle hingen die Ergebnisse hinsichtlich der Effekte von Unterrichtsmerkmalen auf den Leistungszuwachs erheblich vom Skalierungsmodell ab.
In der vorliegenden Untersuchung geht es um methodische Fragen der Unterrichtswahrnehmung aus Schülersicht. Dabei werden theoretische Ansätze zur Urteilsbildung aus der Klassenklima- und der kognitiv fundierten Survey-Forschung sowie der Forschung zur Interpersonalen Wahrnehmung diskutiert. Weiterhin werden Modelle zur inhaltlichen Interpretation von Aggregatmerkmalen (sogenannte Kompositionsmodelle) und zum Einfluss sogenannter "Halo"-Effekte berücksichtigt. Die relevanten Aspekte aus den genannten Theorien sowie empirische Befunde zum Einfluss von Fachleistung, Schulnote und Geschlecht auf die Beurteilung des Unterrichts werden in einem Modell zur Unterrichtswahrnehmung aus Schülersicht zusammengeführt. Daneben werden in der vorliegenden Untersuchung Möglichkeiten und Grenzen verschiedener statistischer Verfahren zur Analyse von Daten zur Wahrnehmung des Unterrichts aus Schülersicht aufgezeigt und diskutiert. Dabei geht es um Fragen der absoluten Übereinstimmung von Urteilern vs. der Interrater-Reliabilität. Weiterhin werden Grundlagen und Effekte von Verletzungen der Annahmen mehrebenenanalytischer konfirmatorischer Faktorenanalysen dargestellt, die im Rahmen einer Monte-Carlo-Studie überprüft werden. Datengrundlage der vorliegenden Untersuchung sind im Rahmen des Projekts DESI (Deutsch Englisch Schülerleistungen International) erhobene Fragebogendaten aus 330 Klassen bzw. Kursen der neunten Jahrgangsstufe, sowie im Längsschnitt erhobene Testleistungen in den Bereichen Deutsch und Englisch. Die Ergebnisse der Analysen bestätigen in großen Teilen das zugrunde gelegte theoretische Modell: Es zeigen sich hohe relative Übereinstimmungen der unterrichtsbezogenen Urteile von Schülerinnen und Schülern. Der Einfluss der Kommunikation mit Mitschülern auf die Urteilsbildung zeigt sich v.a. in der Gruppe der Mädchen. Die theoretischen Unterrichtsmerkmale lassen sich als Faktoren auf beiden Analyseebenen (innerhalb von Klassen und zwischen Klassen) nachweisen, wobei diese " bis auf wenige Ausnahmen " ebenen- sowie fachübergreifend nur im Sinne analoger und nicht "isomorpher" Konstrukte interpretierbar sind. Daneben finden sich deutliche Hinweise auf eine eher Lehrkraft- statt Unterrichtsfach-bezogene Wahrnehmung auf beiden Ebenen. Der Itemformulierung (Ich vs. Klassen-Bezug) kommt insgesamt betrachtet eine eher geringe Bedeutung zu. Bezüglich der Unterrichtswahrnehmungen finden sich Einflüsse der oben genannten Prädiktoren insbesondere auf der Ebene innerhalb von Klassen. Auf Klassenebene zeigt sich ein möglicher Einfluss einer "milden" Benotung auf die geteilte Unterrichtswahrnehmung. Die auf beiden Ebenen deutlichsten Effekte auf die Unterrichtswahrnehmung finden sich bei den Globalurteilen bezüglich der jeweiligen Lehrkraft. Zusammengenommen mit den extrem hohen Interkorrelationen der Faktoren innerhalb eines Fachs (die sich jeweils auf dieselbe Lehrkraft beziehen) und den " aufgrund von Effekten auf Schulebene etc. erwartungswidrigen " niedrigen bis nicht vorhandenen fachübergreifenden Interkorrelationen spricht dies in hohem Maße für eine Verzerrung der Unterrichtswahrnehmung im Sinne einer globalen Wahrnehmungstendenz. Die globale Wahrnehmung muss allerdings gleichzeitig überwiegend als Ergebnis von Unterrichtswahrnehmungen betrachtet werden: Hier zeigen sich die auf der Basis empirischer Untersuchungen theoretisch postulierten unterschiedlichen Gewichtungen der einzelnen Unterrichtsmerkmale über verschiedene Klassen hinweg.